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Haus Bodan, Konstanz
April 2011


Blümlein-Staat

Es blüh´n im deutschen Gärtelein
Gar lieblich bunte Blümelein.
In allen Farben hübsch und fein
Leuchten sie mit hellem Schein.

Im Herzen sind sie gut und rein:
Die Welt sie sollte besser sein.
Sie laden alle Pflanzen ein
Genau so schön wie sie zu sein.

Ihr Lächeln ist so niedlich.
Ihr Anblick ist so friedlich.
Ach, säh´s doch überall nur aus
Wie daheim im deutschen Haus.

Doch in den tieferen Gefilden,
Wo sich die innern Werte bilden,
Bei den Wurzeln, Zwiebeln, Knollen
fehlt´s an der Farbenpracht, der tollen.

Die ob´re Farbpalette, die plurale
Ist unten eine monochrome-kahle.
Die einzig zugelass´ne Farbennote
Ist hier die knallig-satte rote.

Bei den Wurzeln, Zwiebeln, Knollen
Gleichheit bestimmt das deutsche Sollen.
Aus der Reihe tanzen ist verboten
Im bunten Blümlein-Staat der Roten.

Haus Bodan, Konstanz
April 2011


Lied von den Grünen

Die Grünen zieh´n an einem Strang,
Die einen hin, die andern her.
Unklar ist der Debatte Gang,
Die Meinungsbildung schwer.

Ich will nach links, der Fundi spricht,
Doch der Realo hält dagegen,
Auszuschließen ist auch nicht,
Sich mal nach rechts hinzubewegen.

Der Fundi sagt, ich liebe rot,
Doch der Realo wendet ein,
Ein Soziussitz im schwarzen Boot,
Wäre politisch durchaus fein.

Die Ampel ist den einen Mist,
Jamaica finden and´re gut.
Gemach, vielleicht schon balde ist,
Die grüne Mehrheit absolut.

Für´s Umweltressort ist ministrabel
Der Ömi von der Alpenhöh´.
Für´s Kanzleramt wär´ ganz passabel
Ein Kader aus dem K-Milieu.

Die einen woll´n das Volk erzieh´n,
Die andern es befragen.
Die grüne Politik muß sich bemüh´n,
Mutig den Spagat zu wagen.

Der Promi will die hohe Ehre,
Es lockt die Macht, ein schönes Amt.
Die Basis will die reine Lehre.
Was soll´s? Das stört doch nur. Verdammt!

Ob schrill und bunt und vehement,
Latzhose, Turnschuh, Mutterbrust,
Man pfeift auf das Establishment,
Der grüne Mensch ist selbstbewußt.

Ökologisch ist die Bohne,
Biodynamisch der Salat,
Und nichts davon ist ohne
Amtliches Zertifikat.

Die Ordnung liegt dem Sponti fern,
Das Chaos dem Realo.
Staatsknete nehmen beide gern,
Das Volk ist der Bezahlo.

Alternativ der Fundi tickt,
Als Bürger der Realo,
Konservativ ist der gestrickt,
Darin ein Maximalo.

So kämpfen für die grüne Sache
Sie ganz nach eigener Facon.
Doch hat am End´ die letzte Lache,
logo, die rote Staatsräson.

Haus Jakobus, Stuttgart
November 2011


Lied vom Euro

Europas Staatskunst hat erkannt,
Des Friedens starkes Unterpfand
Ist enge Integration
Durch eine Währungsunion.

Hoffnungsvoll war von Beginn
Der Marktteilnehmer Buchgewinn.
Denn unablässig stieg im Kurse
Der Euro an der Währungsburse.

Das Pfund, der Dollar und der Franken,
Die schienen langsam abzudanken
Als Reservegeld der Wahl
Für internationales Kapital.

Vom Euro profitierten alle,
Doch keiner sah die böse Falle,
Die dümmlicherweise zuschnappte,
Weil keiner die Rechnung berappte.

Niemand hielt sich an die Regeln
Und fuhr mit vollen Wohlstandssegeln
In das finanzielle Desaster.
Schulden brachten frischen Zaster.

Bis die Märkte, die schlauen,
Entzogen dem Spiel das Vertrauen,
Und brachten damit ins Wanken
Europas Staaten und Banken.

Staatsanleihen nur noch Trash,
Am Horizonte droht der Crash.
Nun heißt es Rettungsschirme spannen,
Um den System-Bankrott zu bannen.

Die Regierung alsobald
Stellt die Volksvertretung kalt,
Das Steuerzahlergeld zu klauen,
Um Pleitestaaten rauszuhauen.

Für die benötigte Liquidität
Sorgt eine pfiffige Fazilität.
So rettet Europas Solidarität
Die monetäre Stabilität.

Die Wissenschaft erteilt dem Staat
Den akademisch weisen Rat,
Karge Milliarden-Dimensionen
Mechanisch zu hebeln auf Billionen.

Mit jeder Menge Ramschpapieren
Läßt sich die Party finanzieren.
Verlaß ist auf die EZB,
Die kauft sie auf, ihr tut´s nicht weh.

Nadelgestreifte Euro-Banker
Lassen als letzte Rettungsanker
Die Geldruckmaschinen rotieren,
Das Defizit zu kompensieren.

Nach Wunsch ist auch nicht so
Das allgemeine Zinsniveau.
Doch das egalisiert gekonnt
Das Instrument des Euro-Bond.
Fortsetzung Lied vom Euro

Staatsmänner und auch -frauen
Ringen um Vertrauen,
Doch böse Ratingagenturen
Vermasseln alle Remeduren.

Die "Piigs" (es handelt sich um Staaten)
Sind alles Wackelkandidaten.
Die Griechen und die Portugiesen
Bis an den Kragen in den Miesen.

Der Deutsche ist aus Tradition
Allergisch gegen Inflation.
Drum will er einen Rettungsplan
Ohne noch mehr Schlendrian.

Frankreichs Wirtschaft ist zwar kräftig,
Doch ist die Euro-Krise heftig.
Sogar der Grande Nation
Bonität wackelt schon.

Für den Währungskommissar
Ist die Sache sonnenklar:
Soll er als Euro-Retter glänzen
Braucht er mehr Kompetenzen.

Die deutsche Politik hat klargemacht,
Europas größte Wirtschaftsmacht
Wird für die Schulden haften.
Sie wird es schon verkraften.

Fürs Portefolio zwar Schitt,
Doch wenn die Gläubiger zieh´n mit,
Ist so ein kleiner Schuldenschnitt
Ein wirkungsvoller Rettungsschritt.

Die Retter woll´n als Medizin
Strikte Haushaltsdisziplin,
Doch ihre Rettungskonstruktion
Ist trotzdem die Transferunion.

Weil Insolvenz-Probleme plagen
Müssen Krisen-Gipfel tagen.
Den Finanzministern schlagen
Schuldenberge auf den Magen.

Sparen heißt nun die Devise
In der Euro-Schulden-Krise.
Zuerst trifft´s den gemeinen Mann,
Der Staatsdiener ist später dran.

Mit dem Euro war es so gemeint,
Daß er nicht nur Europa eint,
Er sollte auch den Dollar schwächen,
Seine globale Herrschaft brechen.

Das ist ganz schön genial:
Spekulanten-Kapital
Und Markt-Liberalismus
Stoppt ein Hebel-Mechanismus.

Export läuft gut, auch der Konsum,
Das freut das Unternehmertum.
Die reale Volkswirtschaft
Strotzt nur so vor lauter Kraft.

Der Deutschen heimlich´ Strategie:
In Euro-Land Hegemonie.
Ganz schön clever dieser Streich,
Das Vierte ist das Euro-Reich.

Auf Gedeih und auf Verderb
tobt der globale Wettbewerb.
Inder, Brasilianer und Chinesen
ängstigen Euro-Zonesen.

Wer künftig noch mal bricht
Die Vorschrift von Maastricht,
Für den gibt´s frische Kohle nicht,
Auch kommt er vor Gericht.

Der Rettungsschirm ist noch zu klein,
Es könnte mehr Volumen sein.
Was echte Hebelwirkung brächte:
Gold und Sonderziehungsrechte.

Brüssel dreht den Geldhahn zu
Dem Giorgios Papandreou.
Die Griechen sparen überall,
Manche machen auch Krawall.

Athens Regierung will befragen
Sein Volk zu Brüssels Sparauflagen.
Doch für Europa irgendwie
Ist störend nur Demokratie.

Der EFSF ist verloren
Ohne potente Investoren.
Als solche haben Direktoren
Schwellenländer auserkoren.

Der Euro kann nur funktionieren
Durch Politik-Harmonisieren.
Der Staatenlenker Vision:
Wir brauchen die Fiskalunion.

Die Retter kämpfen engagiert,
Sie sind persönlich int´ressiert.
Angst und Sorge sind doch groß
Um das ganz private Moos.

Europas herrscherliche Klasse
bittet Europas Volk zur Kasse.
Die Euro-Bonzen retten ihre Haut,
Das Volk dumm in die Röhre schaut.

Von all der Schlamperei geplagt
Hat Angela nun angesagt:
Ich kann nicht länger dulden
Immer neue Schulden.

Keiner schießt noch einmal quer,
keiner darf in Zukunft mehr
Den Vertrag umschiffen,
Sonst wird beinhart durchgegriffen.

Eine Antwort auf die Krise
Wäre beispielsweise diese:
Für den Norden einen Neuro,
Für den Süden einen Seuro.

Böse Zungen seh´n im Euro
Nichts als einen schlimmen Teuro.
Doch die Statistik gibt bekannt
Preisstabilität im Euro-Land.

Wachstum und Konjunktur sind mau,
Weil die Kreditvergabe lau.
Das läßt die Industrienationen
schlittern in die Rezessionen.

Vergangen ist dem Berlusconi
Der Appetit auf Makkaroni.
Durch hohe Kapitalmarkt-Zinsen
Ging die Karriere in die Binsen.

Stabilitäts-Kriterium
Ist das Schuldenmaximum.
Doch da sich keiner kümmert drum,
Schreibt man alles nochmal um.

Die Kanzlerin muß dabei führen,
Das Reformpaket zu schnüren.
Wer könnte zwingen sonst herbei
Die Sozialismus-Tyrannei.

Geldhäuser hoch im Risiko,
Bei manchem brennt´s schon lichterloh.
Abschreibungen sind unumgänglich,
Man zeigt für Stütze sich empfänglich.

Des Eigenkapitales Quote
Ist vielfach nicht mehr ganz im Lote.
Als Eigner könnte steigen ein
Der Staat mit einem Scherflein klein.

Daß niemand ungebührlich störe
Im ESM die Gouverneure,
Ist deren hinterhältig´ Tun
Gegen Kontrolle voll immun.

Damit die Rettung überdauer´
Wird gebraucht mehr Firepower.
Zu leicht ein lumpiges Gewehr,
Vonnöten die Bazooka schwer.

Hinter Deutschlands Fachwerkmauern
Weit verbreitet ist ein Trauern:
Ach, wie war doch noch so stark
Die gute alte Deutsche Mark.

Nun ist aber erstmal Schluß,
Es ist schon eine harte Nuß,
Zu erzählen im Gedichte
Diese unendliche Geschichte.
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